Ein wichtiges Anliegen des Vereins ist die Bewahrung der jüdischen Kulturgüter des Kraichgaus. Der Verein setzt sich für den Erhalt und Pflege von ehemaligen Synagogen, jüdischen Schulhäusern, jüdischen Friedhöfen und anderen jüdischen Kulturdenkmälern ein.
Dabei wollen wir mit Gemeinden und Vereinen kooperieren und diese unterstützen.

Die Bewusstmachung der Existenz dieser zum Teil einzigartigen Kulturdenkmäler steht hier im Vordergrund. Wir möchten an dieser Stelle auf den im Jahre 2008 gemeinsam von der Hochschule für Jüdische Studien und den 4 Kraichgauer Schulen herausgegebenen
Tourismusführer "Jüdisches Leben im Kraichgau" verweisen. Dieser enthält nahezu alle Informationen zu den heute noch existierenden jüdischen Sehenswürdigkeiten des Kraichgaus. Die zweisprachige (deutsch/englisch) Begleitbroschüre gibt dem Besucher einen Überblick über die Geschichte und Sehenswürdigkeiten der jeweiligen Orte. Auf der Rückseite der Karte befinden sich Lagepläne von 10 Gemeinden. Die Anschaffung dieser Karte ist für den interessierten Besucher des Kraichgaus mehr als empfehlenswert.

Die Angaben auf dieser Seite verstehen sich daher bewusst nur als Hinweis auf die jüdischen Kulturgüter.


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Flehingen (Oberderdingen)
Im Jahre 1
548 werden zum ersten Mal in dem zum Schwäbischen Ritterkanton Kraichgau gehörenden Ort Juden erwähnt. Vom Ende des 30jährigen Krieges bis zur Deportation ins südfranzösische Internierungslager Gurs am 22. Oktober 1940 war der Ort dauerhaft von jüdischen Personen bewohnt. Mit 167 Personen (14% der Gesamtbevölkerung) erreichte die jüdische Gemeinde im Jahre 1832 ihren höchsten Stand. Der Viehhandel bildete die Haupterwerbsquelle der Flehinger Juden. Darüber hinaus waren noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts sechs Ladengeschäfte in jüdischem Besitz. Das jüdische Leben konzentrierte sich vor allem auf das so genannte „Hinterdorf“ (von der Bevölkerung auch „Judengasse“ genannt). Diese befand sich in der heutigen Samuel-Friedrich-Sauter-Straße. Dort befindet sich im Haus Nr. 14, heute allerdings ein baufälliger Schuppen, die erste Synagoge aus dem 18. Jahrhundert. Am 1. Mai 1874 wurde die neue Synagoge eingeweiht. Rechts neben dem Gebäude befand sich die jüdische Schule. Die Synagoge wurde während der Reichspogromnacht niedergebrannt und 1940 vollständig abgerissen. Die ehemalige jüdische Schule wurde in den 1990er Jahren abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Heute erinnert an die Synagoge (Gochsheimer Straße 14) und jüdische Schule (Gochsheimer Straße 16) eine Gedenktafel.

Aus Flehingen stammte der Orientalist Jakob Barth (geb. 3.3.1851 in Flehingen, gest. 24.10.1914 in Berlin) der von 1874 bis zu seinem Tod am orthodoxen Berliner Rabbinerseminar unter anderem Hebräisch und jüdische Philosophie lehrte.

Von den im Jahre 1933 im Ort lebenden 59 jüdischen Personen fielen mindestens 17 durch die Shoah zum Opfer.

Bereits im Jahre 1688 wurde an einem steilen Hang ein Friedhof für die jüdische Gemeinde angelegt. Der Friedhof (39,35 a) mit seinen 294 Grabsteinen befindet sich in Richtung Kraichtal-Gochsheim an der (alten) Gochsheimer Straße im Flur „Judenbegräbnis“. Der Friedhof kann besichtigt werden. Informationen über das Bürgerbüro Oberderdingen-Flehingen, Telefon 07258-214, bzw. an die Gemeindeverwaltung Oberderdingen, Telefon 07045-430.

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Der an einem steilen Hang angelegte Friedhof in Flehingen

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Gochsheim (Kraichtal)
Die Geschichte der Gochsheimer Juden reicht bis ins frühe 15. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1427 wurden Juden im Zusammenhang mit Gochsheim zum ersten Mal erwähnt. Über den zwischenzeitlich zum Herzogtum Württemberg gehörenden Ort (1504 - 1806) berichtet Merian in seiner Topographia Sueviae (1643): „Gibt viel Juden da“. In Jahre 1662 wird ein Synagoge erwähnt. Den Höchststand an jüdischen Einwohnern erreichte der Ort mit 67 Personen im Jahre 1769. Fünf Jahre zuvor ermöglichte der vermögende Schutzjude Baruch Dessauer den Bau einer neuen Synagoge mit jüdischer Schule (Hauptstraße 70). Bereits ab den 1860er Jahren konnten aufgrund der Abwanderung keine regelmäßigen Gottesdienste mehr abgehalten werden. Das Gebäude wurde schließlich im Jahre 1882 verkauft und in ein Wohnhaus umgewandelt. Vor dem Roten Tor befand sich von 1805 bis 1844 ein rituelles Bad. Heute befindet sich dort (Vorstadtstraße 52) eine Scheune. Das Bad ist nicht mehr erhalten.

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Die neue Synagoge mit jüdischer Schule in Gochsheim

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Oberöwisheim (Kraichtal)
Am Ortsausgang von Oberöwisheim in Richtung Neuenbürg (Flur „Reimenhälden) befindet sich der älteste jüdische Friedhof des Kraichgaus. Er wurde im Jahre 1629 angelegt und diente viele Jahre als Begräbnisstätte für nahezu alle jüdischen Gemeinden des Kraichgaus.
Zuvor wurden die Juden aus dem Kraichgau in Speyer, ab 1435 in Worms bestattet. Die Bestattungen in Worms waren jedoch mit hohen Zöllen und Gefahren verbunden, so dass die jüdischen Gemeinden des Kraichgaus die von den Herren Helmstatt und Sternenfels neu angebotene Begräbnisstätte trotz seiner topografisch ungünstigen Lage (steile Hanglage) ab Mitte des 17. Jahrhunderts bevorzugten.
Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts legten viele jüdische Gemeinden des Kraichgaus eigene Friedhöfe an, so dass in Oberöwisheim in den Folgejahren nur noch Juden aus den näheren Umgebung (z.B. Menzingen, Münzesheim und Odenheim) bestattet wurden.
Insgesamt können heute noch 435 Grabsteine auf dem 91,35 a großen Friedhof besichtigt werden.

Die Besichtigung des Friedhofes kann nur nach vorheriger Anmeldung bei der Stadtverwaltung Kraichtal(-Münzesheim) erfolgen.
Telefon: 07250-7739

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Der Friedhof in Oberöwisheim

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Eichtersheim (Angelbachtal)
Eine jüdische Gemeinde bestand in Eichtersheim bereits im 17. Jahrhundert. Der bis 1803 den Freiherren von Venningen gehörende Ort hatte zur Mitte des 19. Jahrhundert einen jüdischen Bevölkerungsanteil von 15.8%. In dieser Zeit wurde auch der Neubau der jüdischen Synagoge (1831) errichtet. In Eichtersheim befinden sich weitere jüdische Einrichtungen. Die jüdische Konfessionsschule (1838-1876) befindet sich ebenso im historischen Ortskern (Hauptstraße) wie das jüdisches Schlachthaus und die Synagoge. Der jüdische Friedhof aus dem Jahre 1781 befindet sich ca. 1km außerhalb des Ortes an der B39 (Richtung Mühlhausen/Wiesloch).
Für Besichtigungen und Führungen melden Sie sich bitte im Rathaus der Gemeinde Angelbachtal, Telefon: 07265-91200
Aktuell:
Die Synagoge an der Hauptstraße 37 steht
zum Verkauf. Das komplette Exposé können Sie hier downloaden.

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Die Synagoge in Eichtersheim

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